209 – Besser als gedacht

Du stehst vor meiner Arbeit „Besser als gedacht“ – und vielleicht erkennst du dich darin mehr, als du es im ersten Moment vermutest.

Was du siehst, ist eine Hand, die eine Lupe hält – ein schlichtes Motiv, möchte man meinen. Doch durch diese Lupe zeigt sich ein verzerrtes Bild: ein furchterregendes Maul, ein dunkles Ungeheuer, das bedrohlich zurückstarrt.

Die Linien sind grob, der Ausdruck roh, das Schwarz dominant. Es ist das Gesicht der Angst, der inneren Katastrophe – jener verzerrten Realität, die uns heimsucht, wenn unser Geist im Alarmzustand verharrt.

Doch schaust du links neben die Lupe, entlarvt sich das vermeintliche Monster: ein kleiner, friedlicher Hund – verspielt in Haltung und Proportion. Das „Böse“ war nur ein Bild im inneren Brennglas, eine Projektion.

Und genau darum geht es in dieser Arbeit: um die dysfunktionale Lupe im Kopf, die viele von uns haben. Um die innere Verzerrung, die uns glauben lässt, dass alles schlimmer ist, als es wirklich ist. Um die dunkle Brille, durch die Menschen mit Depressionen oder seelischer Erschöpfung die Welt sehen müssen.

Und doch: Hoffnung leuchtet in dieser Arbeit. Du findest sie in den Farben. Orange – kreative Energie, ein Zeichen, dass noch Leben pulsiert. Grün – der stille Atem der Zuversicht. Beides fließt durch die Körperformen, durchzieht die Hand, den kleinen Hund, sogar das Spiegelbild. Sie sind wie Lebensadern inmitten der inneren Düsternis.

Und da beide Farben für mich stehen, bin ich selbst in dieser Arbeit präsent – als ein stiller Begleiter, der dich an das erinnert, was du vergessen hast: dass fast alle besser ist, als gedacht.

Der weiße Hintergrund bleibt spürbar. Nicht glatt, nicht leer – sondern offen, verletzlich, atmend. Er lässt Raum für Veränderung. Er lädt dich ein, den Fokus zu verschieben. Diese Arbeit ist keine Warnung. Sie ist ein Gegenvorschlag. Eine stille Bitte: Glaube nicht alles, was du denkst. Und geh den nächsten Schritt – mutig, klein, aber in Farbe.